© FWL
Wer wie dieser Feuerwehrmann der Feuerwehr Stadt Luzern Sturmholz beseitigen soll, muss genau wissen, was er tut. Schnitte in verspanntem Holz zu setzen, erfordert viel Erfahrung und Vorsicht.Eine Kettensäge ist ein nützliches Einsatzmittel für Blaulichtkräfte, insbesondere für Feuerwehren. «Allerdings muss der Umgang mit der Kettensäge erlernt und immer wieder geübt werden», sagt Claude Engeler, Sicherheitsfachmann, Revierförster und erfahrener Ausbilder, der auch Kettensägenkurse für Feuerwehren anbietet.
Eine Kettensäge hat mächtig Power und Biss. Daher muss, wer sie einsetzt, drei Dinge tun: erstens die adäquate persönliche Schutzausrüstung (PSA) anlegen. Was diese umfasst und worauf es ankommt, haben wir in Blaulicht 01|2021 beleuchtet. Zweitens eine für den Einsatzzweck geeignete, korrekt gewartete und damit einsatztaugliche Kettensäge verwenden. Welche Modelle es gibt und wofür sie geeignet sind, können Sie in Blaulicht 03|2021 nachlesen. Drittens genau wissen, was er tut. Was Schulung und Übung mit dem Einsatzgerät bedingt.
«Genau an diesem dritten Punkt aber hapert es nicht selten», weiss Claude Engeler, der sich als Leiter und Verantwortlicher des Kompetenzzentrums für forstliche Ausbildung «Stützpunkt Fischingen» sowie Sicherheitsfachmann EKAS seit knapp 30 Jahren in der Ausbildung engagiert.
Kurs «Motorsägenanwendung für Feuerwehrkräfte»
Im Wissen um die Risiken, denen Feuerwehrleute sich aussetzen, wenn sie nach Gewitterstürmen oder anderen Naturereignissen Sturm- und Bruchholz beseitigen müssen, entwickelte Claude Engeler zusammen mit Jürg Haldemann, Kommandant der Sirnacher Feuerwehr, den eintägigen Kurs «Motorsägenanwendung für Feuerwehrkräfte» (siehe Blaulicht 01|2020). Dieser war aufgrund der Corona-Lage leider lange sistiert, findet derzeit aber wieder statt. Unter anderem für die Feuerwehren Seuzach und Bürglen.
In diesem Kurs vermittelt Claude Engeler Feuerwehrkräften, wie sicheres Arbeiten – insbesondere der Trennschnitt unter Spannung – mit der Motorsäge klappt. Und auch, wann die Situation es gebietet, die Kettensäge beiseitezulegen und Spezialisten mit spezifischem Gerät herbeizurufen. Da dieser Entscheid der Einsatzleitung obliegt, adressiert der Kurs gezielt auch Offizierskader der Feuerwehr.
Das grösste Risiko
«Das Gefährlichste beim Einsatz der Kettensäge durch Feuerwehrkräfte ist eine unerfahrene, übermotivierte oder überforderte Einsatzleitung», sagt Claude Engeler. «Man muss wissen, was man kann – und was nicht.» Diese Entscheidung, betont er, sei freilich alles andere als trivial, da sie von vielen Faktoren abhängig ist: den zur Verfügung stehenden Mitteln. Der Örtlichkeit des Einsatzes. Fitness und Erfahrung der Einsatzkräfte. Wetter und Tageszeit. Art, Stärke und Verspannungsgrad sowie Lage des Bruch- oder Sturmholzes. Stress und Zeitdruck – und anderes mehr. «Ohne gute Ausbildung und viel Erfahrung ist es unmöglich, eine individuelle Lage korrekt zu beurteilen können», sagt Engeler.
Stadt-Land-Differenzen
Dabei, so hat er festgestellt, gelte es, regionale institutionelle Unterschiede zu beachten: «In Feuerwehren ländlicher Regionen sind Bauern, Gärtner, Holzer und Landschaftsgärtner engagiert. In der Stadt sind es Lehrer, Bürolisten, Kauffrauen. Entsprechend verfügen Land-Feuerwehren deutlich öfter über im Umgang mit der Kettensäge erfahrene Einsatzkräfte. Stadt-Feuerwehren indes verfügen meist über mehr Mittel – und können relativ leicht zusätzliche Ressourcen anfordern.»
© Jörg Rothweiler
Klappt das? Claude Engeler beobachtet beim Kurs einen Offizier der Feuerwehr Sirnach beim Setzen eines Trennschnitts im stark verspannten Stamm eines umgestürzten Baumes.Fünf Punkte für mehr Sicherheit
Eine hohe Verfügbarkeit passgenauer Verstärkung indes sei eminent für die Sicherheit, betont Engeler: «Wichtig ist eine gute Vernetzung mit der lokalen Forstwirtschaft. Wenn ich als Einsatzleiter weiss, dass ich schnell und unkompliziert Unterstützung mit Expertise und benötigtem Gerät beiziehen kann, trete ich viel eher rechtzeitig den situativ angezeigten Rückzug an, als wenn ich auf mich allein gestellt bin und unter Zeit- und Erfolgsdruck stehe.»
Zusätzlich erfordere Sicherheit beim Einsatz der Kettensäge vier weitere Dinge: ein gut ausgebildetes Team. Eine erfahrene Einsatzleitung. Einen Sicherheitsbeauftragten, der das gesamte Geschehen im Blick behält und nötigenfalls rechtzeitig eingreift. Das Bewusstsein «So viel wie nötig, so wenig wie möglich». Heisst: Akut wird nur das getan, was unabdingbar ist. Etwa, eine Strasse wieder befahrbar zu machen. «Feinarbeiten» indes werden erst erledigt, wenn sie sicher und ohne Druck möglich sind.
Spezialisierung macht sicher
Um alle fünf Punkte sicherzustellen, empfiehlt Claude Engeler Feuerwehren das, was beispielsweise die Feuerwehr Stadt Luzern vor rund zwei Jahren in die Praxis umgesetzt hat: die Bildung eines «Fachdienstes Kettensäge», also eines spezialisierten Teams, das von einem erfahrenen Anwender geleitet wird, in der Anwendung der Kettensäge speziell geschult ist, regelmässig übt, sich fortbildet und im Magazin auf gewartete, einsatzbereite Kettensägen sowie die nötige PSA zugreifen kann.
Tipps im Netz
Anwender von Kettensägen finden mehr Informationen rund ums Thema sicheres Arbeiten mit der Kettensäge auf den Websites der Fachstelle des Bundes für die Aus- und Weiterbildung in der Waldwirtschaft (www.codoc.ch), der SUVA (www.suva.ch) und der Beratungsstelle für Unfallverhütung in der Landwirtschaft (www.bul.ch). Tipps zu Sicherheit, Arbeitstechnik und Gerätepflege gibt’s zudem bei STIHL auf www.stihl.de im Bereich «Ratgeber und Projekte» unter «Arbeitstechnik und Gerätepflege». Schweizer Blaulichtkräfte erhalten zudem Informationen, Unterstützung und Beratung beim Stihl-Fachhändler sowie im Internet auf www.stihl.ch.