© Jörg RothweilerRaphael Londero gründete 2013 die Londero GmbH und beschäftigt heute 14 Mitarbeitende sowie, ab August, vier Lehrlinge.Raphael Londero gründete 2013 die Londero GmbH und beschäftigt heute 14 Mitarbeitende sowie, ab August, vier Lehrlinge.Vor acht Jahren machte sich Raphael Londero im Bereich Spezialfahrzeugbau selbstständig. Zwischenzeitlich hat sich die Londero GmbH vom 2-Mann-Handelsunternehmen zur 15 Personen starken, GRA-zertifizierten Entwicklungs- und Fertigungsspezialistin gemausert – innovative Produktlösungen inklusive.

Im Industriegebiet von Volketswil ZH, in einer rund 1’500 Quadratmeter grossen Halle, stehen Ambulanz- und Feuer­wehrfahrzeuge in Reih und Glied – und an diesen kann man verfolgen, wie eine Rohkarosse in ein Einsatzfahrzeug für Blaulichtkräfte verwandelt wird. Die Arbeitsschritte sind so zahlreich wie komplex – und Firmengründer Raphael ­Londero wacht mit Argusaugen über jeden einzelnen.

Der 41-Jährige ist Perfektionist – und beschäftigt sich schon sein halbes Leben mit Einsatzfahrzeugen. Zuerst sass er als gelernter Rettungssanitäter HF selbst im RTW, später war er als Bereichsleiter beim Rettungsdienst Winterthur rund zehn Jahre in die Beschaffung entsprechender Fahrzeuge involviert. Seit 2013, als er von Willy Bertolaso die Schweizer Vertretung der System Strobel übernahm, ist Raphael Londero selbstständig – und stets auf dem Sprung nach vorne, wie er erklärt: «Zunächst war der Plan, als Handelsunternehmen zu agieren. Doch rasch wurde mir klar, dass bei den Systemen, mit denen ich handelte, teils enormes Optimierungspotenzial brachlag. Also beschloss ich, dieses auszuschöpfen, um sicherere, rundum durchdachtere Fahrzeuge anbieten zu können.»

Luftfederung mit GRA-Zertifizierung

© Jörg RothweilerDie GRA-zertifizierte Luftfederung von Londero sorgt für mehr Komfort und mehr Sicher­heit im Einsatz.Die GRA-zertifizierte Luftfederung von Londero sorgt für mehr Komfort und mehr Sicher­heit im Einsatz.Das beste Beispiel hierfür ist die firmeneigene Luftfederung: «Als ich dieses System vor rund zwei Jahren von einem deutschen Hersteller übernahm, war es kaum mehr als eine geniale Idee – konzeptionell wegweisend, aber nicht zu Ende gedacht», sagt Londero. «Der Drucklufttank war anfällig für Korrosion, die Programmierung zu komplex und die Anbindung ans Fahrzeug aufgrund der 24-Volt-Technik aufwendig und fehleranfällig.» Andererseits aber waren ausgewählte Kunden, denen Londero das System zu Testfahrten überliess, verblüfft von der Effizienz dieser Luftfederung. «Das einhellige Lob der potenziellen Kunden spornte mich an, dieses Luftfederungssystem vom Konzept zur Marktreife weiterzuentwickeln», sagt Londero.

Unterstützt von zwei Ingenieuren, externen Spezialisten und Beratern machte sich Londero ans Werk. Heute, knapp 18 Monate später, deutet er auf die Hinterachse eines im Bau befindlichen RTW und sagt: «Das ist die beste derzeit am Markt erhältliche Luftfederung für Einsatz- und Spezialfahrzeuge! Sie arbeitet progressiv, mit einzeln angesteuerten Luftbälgen und unter Berücksichtigung zahlreicher fahrphysikalisch relevanter Parameter wie Geschwindigkeit, Lenkwinkel oder Fahrzeugneigung, um nur einige zu nennen. Bei niedrigem Tempo, innerorts, wo die Strassen eher holprig sind, oder auf unbefestigtem Untergrund spricht die Federung besonders sanft an. Mit steigendem Tempo agiert sie zunehmend straffer, was Wank­bewegungen des Aufbaus vermeidet. Dank Niveauausgleich meistert das Fahrzeug Kurven souverän, die Reifen erhitzen und verschleissen weniger – und Patienten liegen ruhiger und damit sicherer.»

Da die Luftfederung als Fahrwerkskomponente zahlreichen gesetzlichen und regulatorischen Anforderungen genügen muss, erwarb Londero für diese das GRA-Zertifikat (GRA = genehmigungsrelevante Anforderungen) des Kraftfahrtbundesamtes KBA – als erster und bislang einziger Anbieter im BORS-Sektor in der Schweiz, wie er betont. Zudem habe das Luftfahrwerk auch bei den strengen, im Juni 2021 bei der FAKT Sennwald absolvierten Fahreignungstests absolut überzeugt, sagt Londero – und blickt den im Sommer 2021 anstehenden EMV- und EC-10-Prüfungen entsprechend zuversichtlich entgegen.

Elektronik dominiert die Mechanik

© Jörg RothweilerIn der Halle der Londero GmbH in Volketswil werden Fahrzeuge gebaut, gewartet und instand gesetzt.In der Halle der Londero GmbH in Volketswil werden Fahrzeuge gebaut, gewartet und instand gesetzt.Damit die Luftfederung ihre Vorteile voll ausspielen kann, ist sie mit einer topmodernen Steuerung versehen. Bei deren Anbindung an die Fahrzeugelektronik ist Raphael ­Londero auf eine enge Kooperation mit den Fahrzeugherstellern angewiesen. «Mit Mercedes-Benz konnten wir eine Vereinbarung treffen, die uns direkten Zugriff auf die Programmierung eröffnet», sagt Londero. Das sei der Optimalfall – effektiv, schnell und nachhaltig. Bei anderen Herstellern gehe es aber auch – indem Londero deren Entwicklern die nötigen Software-Komponenten zur Verfügung stellt und dann eine entsprechend adaptierte Programmierung für das Fahrzeug «ab Entwicklungsabteilung» geliefert bekommt.

Mehr als nur die Luftfederung

Mit der Entwicklung der Luftfederung ging bei der Londero GmbH ein massiver Stellenausbau einher. «2018 waren wir zwei Mann, heute sind es 15 meist hochspezialisierte Mitarbeitende sowie, ab August, vier Lehrlinge. Entsprechend absolvierten wir einen Quantensprung bei den Möglichkeiten und konnten bereits diverse Ideen und Lösungen mit hoher Qualität realisieren», sagt Londero – und führt uns zu einem im Bau befindlichen RTW für den Rettungsdienst Winterthur.

«Das hier», sagt Londero und deutet auf eine Konsole an der Decke im Patientenraum, «ist eine von uns konzipierte Klimatisierungseinheit, die den Patientenraum viel effizienter klimatisiert – nahezu ohne spürbare Luftströmung.» Dann zeigt er auf die Türgriffe, in denen LEDs leuchten: «Das ist unsere elektrische Zuziehhilfe, die wir für alle Arten von Türen anbieten.» Zudem verweist er auf die neuartige Zugangskontrolle, dank der das Fahrzeug mit dem Mitarbeiter-Badge ver- und entriegelt sowie gestartet werden kann. «Der Zugriff auf das Fahrzeug sowie auf alles, was sich hinter dessen Nebentüren, etwa im Medikamentenschrank, befindet, bleibt so exakt jenen Personen vorbehalten, die dazu berechtigt sind», erklärt Londero.

© Jörg RothweilerDie von Londero entwickelte elektrische Zuziehhilfe ist für Türen aller Art erhältlich und sorgt dafür, dass diese leise und sicher schliessen.Die von Londero entwickelte elektrische Zuziehhilfe ist für Türen aller Art erhältlich und sorgt dafür, dass diese leise und sicher schliessen.Weitere Besonderheiten sind das wasserdichte Aussen­staufach im Seitenschweller, elektrische Seitentritte und ein desinfizierbarer, rutschfester Innenboden. «Der wird gespritzt und ist in fast allen RAL-Farben erhältlich», sagt Londero – und deutet durch das Fenster des Patientenraums auf zwei grosse Displays in der Mitte des Armaturenträgers: «Eine weitere Spezialität von uns: Wir verlagern das Display des originalen Infotainment-Systems nach unten und bauen an seiner Stelle das Display für die Steuerung der Einsatzsysteme ein. So hat die Person, die das Fahrzeug steuert, alle relevanten Anzeigen stets optimal im Blick, was natürlich der Sicherheit zugutekommt.»

Es sind solche und viele weitere Details, die zeigen, wie gut Raphael Londero die Bedürfnisse der Einsatzkräfte ve­r­steht – und in Lösungen überführt. Die Zukunft wird zeigen, ob diese im Markt die Chance erhalten, die sie verdienen. Immerhin, das zeigt die Erfahrung, scheitern immer wieder wegweisende Neuerungen, weil sie durch das oft genug auf veraltetem Wissen basierende «Raster des ­Üblichen» fallen, das vielen Submissionen zugrunde liegt. Nicht zuletzt deshalb sollten Blaulichtorganisationen darauf achten, dass die für Beschaffung respektive Ausschreibungen zuständigen Personen und Dienststellen hinsichtlich der neuesten Technologien und Lösungen stets à jour sind.

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