Problem erkannt, Problem gebannt
Die Polycom-Endgeräte TPH900 kämpften mit durch Akkuprobleme provozierten unvorhersehbaren Geräteabschaltungen. Herstellerin Airbus verspricht eine Lösung bis Frühjahr 2020. Bis dahin werden die Geräte auf Anordnung des Bundesamts für Bevölkerungsschutz (BABS) mit Akkus der Schweizer Spezialistin Akkupoint AG betrieben.
© AkkuPoint AGDie Akkus von Spezialistin Akkupoint AG passen besser ins Gehäuse und bieten zudem 4600 statt 4000 mAh Kapazität.Ruhe ist etwas Schönes – aber nicht mitten im Dienst oder gar während eines Einsatzes. Doch genau das lösten die 2015 und 2016 bei einigen wenigen und ab 2018 in grösserem Umfang bei Schweizer Blaulichtorganisationen eingeführten Tetrapol-Handfunkgeräte des Typs TPH900 von Herstellerin Airbus bisweilen aus: Sie schalteten sich unverhofft ab.
Aufmerksam auf die Problematik wurde die Redaktion durch den am 28. Juni 2019 publizierten «Rechenschaftsbericht und Bericht zum Jahresbericht 2018 des Regierungsrats der Geschäftsprüfungskommission des Grossen Rats des Kantons Basel-Stadt». In dem steht: «Die neuen Handfunkgeräte TPH900 des Monopollieferanten weisen auch nach über zwei Jahren betrieblich relevante Mängel auf und können so nicht verwendet werden. Das ist ein schweizweites Problem. (...) Das Bundesamt für Bevölkerungsschutz (BABS) hat eine Lösung im Jahr 2020 in Aussicht gestellt.»
Recherchen der Redaktion, insbesondere beim BABS, förderten zutage: Nachdem die TPH900-Handfunkgeräte im Rahmen der Evaluation zahlreiche Tests klaglos durchlaufen hatten, häuften sich insbesondere mit der flächendeckenden Einführung der Geräte ab 2018 mit zunehmender Nutzungsdauer und Zahl der bei den Anwenderorganisationen im Einsatz befindlichen Geräte Beschwerden über plötzlich auftretende Geräteabschaltungen. Auf eine entsprechende Anfrage teilte Kurt Münger vom Fachbereich Kommunikation beim BABS mit, dass «beim Einsatz der neuen Handfunkgeräte durch Angehörige des Grenzwachkorps, der Schaffhauser Polizei und der Landespolizei FL einzelne Fehler auftraten, welche gemäss definierter Prozesse den Verantwortlichen im BABS gemeldet wurden.»
Vereintes Krisenmanagement im Frühjahr 2019
Das BABS beauftragte daher die laut Münger «seit 2018 bestehende Task-Force zur Bearbeitung von diversen Mängeln bei der Einführung der neuen Endgeräte» im Januar 2019 mit einer Analyse der Probleme mit den Akkus. Die Task-Force, bestehend aus Vertretern von BABS, Airbus, RUAG sowie der Eidgenössischen Zollverwaltung und diversen Kantonspolizeien, stellte fest: Ursächlich für die Probleme ist eine mangelhafte Passform der Original-Akkus im Gehäuse.
Airbus hat daraufhin die Produktion der Geräte bis auf Weiteres sistiert und arbeitet nun intensiv an einer Lösung. Kurt Münger: «Zurzeit ist ein Redesign der Geräte bei Airbus in Arbeit. Gegenstand dieses Redesigns ist insbesondere auch eine Anpassung des Akkus und des Akku-Gehäuses. Die angepasste Version der Geräte soll voraussichtlich 2020 lieferbar sein.»
BABS beschliesst zeitnahen Work-around
Aufgrund des Zeitdrucks und mangelnder Alternativen suchte die Task-Force nach einer ohne Geräteaustausch realisierbaren Lösung. Laut Kurt Münger wurden «verschiedene Optionen geprüft. Realistisch und realisierbar war letztlich nur die schliesslich vereinbarte Lösung mit dem Austausch der Akkus.» Diese stelle, betont er, eine von allen Beteiligten vereinbarte und gemeinsam umgesetzte Lösung dar.
Konkret handelt es sich bei den neuen Akkus um Stromspeicher der Schweizer Spezialistin Akkupoint AG. Laut Münger sei deren bessere Passform im Gehäuse entscheidend. «Dadurch können die Fehler nicht mehr auftreten. Zudem bieten die neuen Akkus eine höhere Kapazität», betont er. Geräte mit ausgetauschten Akkus befinden sich laut Münger bei diversen Test-Organisationen seit mehreren Monaten im Einsatz. Dabei sei keine Häufung von Ausfällen verzeichnet worden.
Kostenneutral für Anwender
© Airbus Secure Land CommunicationsWerden landesweit mit neuen Akkus bestückt: Tetrapol-Handfunkgeräte TPH900 von Airbus.Die Kosten für den Austausch aller bisher rund 25'800 von Airbus gelieferten Akkus für die TPH900-Geräte trägt Airbus. «Den übrigen Beteiligten entstehen durch den Austausch keine zusätzlichen externen Kosten für Beschaffungen. Allerdings werden die zusätzlichen Arbeitsleistungen durch die eigenen Mitarbeitenden von den Beteiligten getragen», sagt Kurt Münger.
Zur Frage, bis wann der Akkuersatz abgewickelt werden kann, erklärt Mauro Autino, CEO der Akkupoint AG: «Wir konnten in der ersten Juli-Hälfte die letzten der insgesamt 25’763 Akkus, für deren zeitnahe Produktion wir eigens unsere Fertigungslinien aufgestockt haben, an die RUAG ausliefern.» Diese beliefert seither die Endanwender mit den neuen Akkus.
Fazit: gemeinsam zur Lösung
Einerseits ist es natürlich unverständlich, dass bei den TPH900-Geräten Passformprobleme mit den Akkus zu beklagen sind. Immerhin sorgten solche bereits beim Vorgängermodell TPH700 ebenso für Probleme wie ein anfänglich unzureichend dimensionierter Mikroschalterstift am Akkufachdeckel, wie auf der Website des BABS einsehbare PDF-Dokumente von 2012 belegen. Andererseits aber hat die Task-Force für das erst im Langzeitgebrauch aufgetretene Problem eine schnelle, brauchbare und für den Steuerzahler sowie die Anwender (nahezu) kostenneutrale Lösung gefunden.
Das zeigt: Stringentes Problemmanagement unter Einbezug der Sichtweisen und Vorschläge zur Lösung aller Beteiligten führen zu gemeinsam getragenen Lösungen. In diesem Fall wurde zeitnah ein Weg gefunden, der den Anwenderorganisationen bestmögliche Einsatzbereitschaft beschert und sicherlich auch dabei hilft, griffige Massnahmen zu etablieren, um künftig vergleichbare Probleme zu vermeiden.