Im November 2012 durften Designer ihrer Fantasie freien Lauf lassen und im Rahmen der Design Challenge der Los Angeles Auto Show ihre Vision vom Polizeiauto für das Jahr 2025 zeigen. Elf Jahre später muten die Entwürfe mehr als kurios an.

© HerstellerFast schon konventionell, vor elf Jahren aber wegweisend. Designer Hubert Lee mit der von ihm entworfenen Studie Mercedes-Benz Ener-G-Force.Fast schon konventionell, vor elf Jahren aber wegweisend. Designer Hubert Lee mit der von ihm entworfenen Studie Mercedes-Benz Ener-G-Force.

Seit 1907 findet in Los Angeles die Auto Show statt – und vor elf Jahren, anno 2012, ging es bei der Design Challenge der LA Auto Show darum, das «Highway Patrol Vehicle 2025» zu entwickeln. Dabei wünschten sich die Juroren vor allem Folgendes: originelles Design, ökologischen Antrieb und Recycelbarkeit, Schnelligkeit, Agilität und rasche Einsatzfähigkeit sowie die Integration potenziell erfolgreicher ­technologischer Trends.

Die Visionen, die die kreativen Köpfe von Subaru, Honda (zwei Teams), General Motors, Mercedes und BMW Designworks USA erarbeiteten, waren allesamt kurios, ziemlich
knallig – und bis auf einen Entwurf meilenweit von dem entfernt, was heute, rund ein Jahrzehnt später und nur rund 14 Monate vor dem Zieldatum 2025, in den Tiefgaragen der Polizeibehörden weltweit tatsächlich steht.

Mercedes-Benz Ener-G-Force

Bei Mercedes-Benz Research & Development North America sowie im Mercedes-Benz Advanced Design Studio in Carlsbad, Kalifornien, war schon 2012 klar: Die Zukunft gehört bulligen SUVs à la Mercedes G-Klasse. Diese können auch abseits befestigter Strassen agieren – was wichtig ist, da die Strassen 2025, ungeachtet einer umfassenden elektronischen Überwachung und Lenkung der Verkehrsströme, häufig völlig überlastet sein würden. Zugunsten eines reinen Umweltgewissens fährt der Ener-G-Forc mit Wasser. Dieses wird in einem Tank auf dem Dach gebunkert und von einem Hydro-Tech-Converter in Wasserstoff umgewandelt, der dann in Brennstoffzellen wieder zu Wasser umgewandelt wird, wobei für den Vortrieb benötigte elektrische Energie frei­gesetzt wird. Die Antwort auf die Frage, womit dieser Hydro-Tech-Converter betrieben ­werden soll, blieben die Designer aber schuldig.

© HerstellerDie Volt Squad von GM besteht aus einem fliegenden Motorrad, einem Van und einer superschnellen Flunder, die an ein Dreirad erinnert.Die Volt Squad von GM besteht aus einem fliegenden Motorrad, einem Van und einer superschnellen Flunder, die an ein Dreirad erinnert.

Anders als alle Mitbewerber, die nur mit Zeichnungen anrückten, stellte Mercedes-Benz eine reale Studie des Ener-G-Force auf die Räder. Heute, elf Jahre später, ist ­deren Kühlergrill in «Grinsemund»-Form an allen ­E-Modellen von Mercedes-Benz zu finden – womit wenigstens ein Detail der frechen Studie zeitgerecht Realität wurde.

GM Volt Squad California Highway Patrol CHP

Die Amerikaner glaubten auch 2012, dass Behörden ­möglichst martialisch auftreten und zuschlagen können müssen – und das immer im Team. Daher braucht es ihrer Ansicht nach für «Überwachen, Verfolgen und Ergreifen» auch nicht nur ein Fahrzeug, sondern eine komplette «Volt Squad», bestehend aus dem Ein-Mann-Fluggerät ­«Observe», dem vollelektrischen Patrouillen-Fahrzeug «Engage», dessen Antrieb auf jenem des Chevrolet Volt basiert, und einer hyperschnellen «Pursue»-Flunder. Dennoch fahren die meisten Polizisten in den USA bis heute biedere Limousinen oder brachiale SUVs.

© HerstellerSehr kantig, irgendwie retro, aber doch wie aus der Science-Fiction: Das Dreirad «CHiPs» aus der Feder von Honda R&D Japan.Sehr kantig, irgendwie retro, aber doch wie aus der Science-Fiction: Das Dreirad «CHiPs» aus der Feder von Honda R&D Japan.

Honda CHP Drone Squad und CHiPs

Auch die Designer des USA-basierten Studios Honda ­Advanced Design gingen 2012 fest davon aus, dass es 2025 in den Städten Amerikas für normale Autos kein Durch­kommen mehr geben würde. Daher träumten sie von mit bis zu zehn Menschen bemannten Leitfahrzeugen, die via Helikopter zum Einsatzort transportiert werden. Weshalb diese fahren können müssen, wenn sie ohnehin geflogen werden, erklärten die Designer nicht. Einmal am Einsatzort abgesetzt, soll die CHP Drone Squad dann bis zu zwei an Motorräder erinnernde, unbemannte Drohnen aussenden (die hoffentlich nicht im Stau stecken bleiben). Wie die Kommunikation der unbemannten Drohnen mit allfällig gestellten Missetätern ablaufen wird, war für Honda klar: multimedial, via Videotelefonie aus dem Leitfahrzeug heraus.

Das zweite Honda-Team, jenes von Honda R&D Japan, präsentierte mit CHiPs eine komplett andere Antwort auf die Frage, wie die Polizei im Jahr 2025 auf Verbrecherjagd gehen wird: in Zweierteams, bestehend aus «Jessica» und ­«Fabio», die in einem wasserstoffbetriebenen Dreirad im Kastendesign den Verkehr überwachen und dafür sorgen, dass dieser ­reibungslos läuft – was 2025 ein wahrer Schoggi-Job sein dürfte. Immerhin dachte man 2012 in Japan, dass ­zumindest im ­grünen Kalifornien bald ohnehin schon nur noch umweltfreundliche, autonom fahrende Autos unterwegs sein
würden – ganz ruhig und beschaulich langsam.

BMW ePatrol, das «Human-Drone Pursuit Vehicle»

© HerstellerDer BMW ePatrol, ein «Human-Drone Pursuit Vehicle», ist pfeilschnell und kann eine fliegende sowie zwei fahrende Drohnen absetzen.Der BMW ePatrol, ein «Human-Drone Pursuit Vehicle», ist pfeilschnell und kann eine fliegende sowie zwei fahrende Drohnen absetzen.Derartiges Blümchendenken war den Spezialisten von BMW Designworks USA freilich schon damals ein Graus. Ihrer Ansicht nach würden Polizisten 2025 in einer Flunder unterwegs sein, die eher an eine PC-Maus als an ein Auto erinnert. Sie ist sportlich, in den Farben der BMW M GmbH lackiert, hochflexibel, flach und sauschnell. Auf eine Frontscheibe wird verzichtet, dafür ist das Fahrzeug komplett vernetzt und mit Kameras sowie riesigen Displays ausgestattet. Seine Aussenhaut besteht aus Carbon, Aluminium und Polymer und ist kugelsicher. Im Einsatz kann der BMW ePatrol bis zu drei Drohnen aussenden: eine für die Observation aus der Luft («Flying Pursuit Unit») und zwei einrädrige «Advanced Pursuit Units», die zugleich als Hinter­räder des Autos dienen. Diese kleinen Boden-Drohnen sind elektromagnetisch abkoppelbar, dienen der erdgestützten Verfolgung von Verbrechern und können die Elektronik von deren Flucht­fahrzeugen mittels elektromagnetischer ­Impulse lahmlegen.

Damit der BMW ePatrol auch dann mobil bleibt, wenn beide einrädrigen APUs abgekoppelt wurden, sitzt im Wagenboden eine Turbine, die das Heck des Polizeiwagens in der Luft hält und diesen selbst bei Höchstgeschwindigkeit zuver­lässig stabilisiert und steuert.

Subaru SHARC

Das Subaru Highway Automated Response ­Concept, kurz SHARC, basiert auf einem an eine Mischung aus Skateboard, Kajak und Flugzeug erinnernden Vehikel, das für den Polizei-, den ­Sanitäts- und den Feuerwehrdienst gleicher­massen taugen soll – freilich ohne Drehleiter, Wassertank, Patientenraum oder sonstigen überflüssigen Schnickschnack. Derart abgespeckt kann SHARC bemannt oder unbemannt fahren und sogar fliegen. Dazu werden die aus Ionen-Polymer-Metall gefertigten Radaufhängungen unter Strom gesetzt, woraufhin sie sich biegen. Dann werden die waagrecht gestellten turbinenartigen Räder zu Rotoren – und SHARC geht buchstäblich in die Luft. Die Vernetzung mit dem Fahrer erfolgt über eine 3D-Multimedia-Brille.

Natürlich verfügt der Subaru-Entwurf über Allradantrieb sowie, je nach Einsatzzweck, jede Menge Sensoren zur Überwachung des U­mfeldes, darunter ein 3D-Eye-Sight-Lasersystem. Seine Karosserie aus flexiblem Kevlar-Komposit-Material lässt sich aufpumpen, ist kugelsicher und federt selbst stärkste Kräfte einfach ab.

Bei Nichtgebrauch faltet sich SHARC blitzschnell zusammen und hat dann in einer Tonne Platz. Das macht sowohl Parkplatz als auch Tiefgarage überflüssig.

And the winner was ...

Gewonnen hat die Design Challenge der LA Auto Show 2012 der Subaru SHARC. Dabei stellen wir heute fest: Einzig Mercedes-Benz entwarf vor elf Jahren mit seiner Studie Ener-G-Force ein Fahrzeug, das man sich in zwei Jahren durchaus in der Garage eines Polizeikorps vorstellen ­könnte.

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