1993 entwickelte Nik Keel das Belüftungssystem «Passat». Heute ist seine TB-Safety AG eine anerkannte Speziallieferantin von Belüftungssystemen und belüfteten Vollschutzanzügen. Wir sprachen mit dem Gründer über seine Motivation, die neuesten Produkte und aktuelle Entwicklungsprojekte.
Herr Keel, 2023 werden Sie das 30-Jahr-Jubiläum der Markteinführung des ersten von Ihnen entwickelten Belüftungssystems feiern. Zwischenzeitlich haben Sie zahlreiche weitere CE-zertifizierte Systeme entwickelt. Ganz offensichtlich macht Ihnen das Tüfteln und Forschen immer noch Freude ...
Nik Keel, Aber natürlich! Die TB-Safety AG steht für anhaltende Innovation in allen Bereichen, die das Arbeiten in kritischen Umgebungen sicherer machen. Auch in den vergangenen zwei Jahren haben wir, ungeachtet der Corona-Problematik, weitere Neuheiten entwickelt und lanciert. Und ich versichere Ihnen: Wir haben noch zahlreiche Ideen und Konzepte in der Pipeline (schmunzelt).
TB-Safety agiert in einer ebenso überschaubaren wie komplexen Nische. Wie gelingt es, ohne Millionenstückzahlen Forschung und Entwicklung in der Schweiz, einem Hochlohnland, zu realisieren? Und wie widerstehen Sie dem Konkurrenzdruck in der Nische?
Massenfertigung war nie unser Ziel! Wir stehen stattdessen für Klasse, hohe Qualität und maximale Zuverlässigkeit – bei den Produkten und bei der Partnerschaft mit und für unsere Kund*innen und Kunden. Deren Herausforderungen sind die zentrale Quelle für unsere Motivation und unsere Inspiration. Sie schildern uns ihre Bedürfnisse – und wir entwickeln in enger Kooperation mit ihnen passgenaue, bis ins Detail durchdachte, maximal praxistaugliche Individuallösungen. Mit Schweizer Präzision, hervorragend qualifizierten Mitarbeitenden sowie modernsten Methoden. Und natürlich mit all unserem Know-how und der Erfahrung der vergangenen 30 Jahre.
Letztere hat auch dazu geführt, dass unsere Anzüge punkto integrierte Sicherheit Massstäbe setzen – was uns vom Wettbewerb abhebt. Als einzige Herstellerin integrieren wir die Belüftungskanäle direkt in den Anzug und separieren Letzteren konsequent vom Gebläse und den Akkus, die unter dem Anzug getragen werden. Es gibt weder aussen liegenden Schläuche noch Akkutaschen – und damit nichts, das nach einem Einsatz aufwendig dekontaminiert werden muss. Man schraubt nach der Aussendekontamination nur die aussen liegenden Filter ab, entkoppelt den Anzug von aussen vom Belüftungsgerät und legt ihn auf links gedreht ab – fertig. So gelingt das An- und Auskleiden markant leichter und – gute Schulung vorausgesetzt – sogar allein. Vor allem aber wird die potenzielle Verschleppung von Kontamination sehr wirkungsvoll verhindert. Last, but not least entfällt der bei allen anderen Anzügen unvermeidbare Zeitaufwand für die Dekontamination der ausserhalb des Anzugs getragenen Komponenten.
Seit 2005 beliefert TB-Safety auch die Schweizer Armee mit Vollschutzanzügen. Das jüngste Produkt in diesem Segment ist das Notfallset «FSA18». Was beinhaltet es – und ist es wirklich nur eine Lösung fürs Militär?
Das «FSA18»-Set besteht aus einer Transportbox mit eingebauter Ladestation, zwei «VenION»-Vollschutzanzügen, einem «VenION»-Gebläse inklusive Akkus und vier ABEK-P3-Filtern. Auch Netzkabel, Bedienungsanleitung und Kalibrierprotokoll sind enthalten. Damit hat man alles, was es für den sicheren Einsatz in einer mit gefährlichen Substanzen – insbesondere Flüssigkeiten in Form von Strahl- oder Sprühnebel, aber auch feinen Partikeln – kontaminierten Umgebung braucht.
Die beiden VenION-Anzüge sind gebläsebelüftete Vollschutzanzüge aus DuPont™ Tychem®-F-Material. Kombiniert mit Butylhandschuhen sowie ausgerüstet mit angeschweissten Füsslingen mit rutschfesten Sohlen bieten sie sehr gute Sicherheit. Für Komfort sorgen ein grosses Visier, sechs verfügbare Grössen (S bis XXXL) und unsere einzigartigen, in den Anzug integrierten Lüftungskanäle, welche die Luft um den Körper der Person, die den Anzug trägt, herumleiten – und diesen kühlen.
Während jeder Anzug nur einmal getragen werden darf, ist das unter dem Anzug auf dem Rücken getragene Gebläse für den Dauereinsatz vorgesehen. Es versorgt die Person im Anzug für mindestens vier Stunden mit einer grosszügig bemessenen Menge gefilterter Umgebungsluft – und startet und stoppt automatisch, sobald die beiden Filter aussen am Rücken des Anzugs ein- respektive wieder abgeschraubt werden. Das garantiert Einfachheit und Sicherheit bei der Anwendung.
Natürlich sind der VenION-Anzug und das VenION-Belüftungssystem nicht nur bei der Armee, sondern ganz grundsätzlich überall dort anwendbar, wo die Gefahr einer Kontamination besteht. Entsprechend ist die FSA18-Notfallset-Box auch für zivile Anwender*innen, namentlich Feuerwehren, Industriebetriebe sowie Institutionen des Gesundheitswesens, eine sehr praktische Lösung.
Im Frühjahr 2021, auf dem Höhepunkt der Corona-Pandemie, lancierte TB-Safety eine Schutzhaube mit fest verschweisster FFP2-Filtermaske und Antifog-Panorama-Visier. Warum keine belüftete Haube?
Die 2021 präsentierte Haube war eine rasch entwickelte Lösung für ein dringliches Problem. Aber uns war schon klar, dass sie zwar sehr gut schützt, aber nicht über Stunden hinweg tragbar ist. PSA muss bequem sein, darf die Arbeit nicht behindern und erst recht keine Risiken, etwa Überhitzung, provozieren. Daher begannen wir zeitgleich mit der Entwicklung eines völlig neuartigen belüfteten Haubensystems namens «VenGard».
Bei diesem sind – wie bei unseren Anzügen – Schutzhülle und Belüftungssystem komplett separiert. Letzteres besteht aus einem kleinen, aber leistungsstarken Radiallüfter mit Akkufach, der mittels eines ergonomisch geformten, leichten Helmbands, ähnlich dem eines Velohelms, auf dem Kopf getragen wird. Über diesem wiederverwendbaren Belüftungssystem wird eine auf den Einsatzzweck massgeschneiderte Einweghaube getragen.
Für den medizinischen Bereich entwickeln wir – im Sinn einer klassischen PSA-Anwendung – eine Haube aus DuPontTM-Tyvek®-Material mit Klarsichtvisier und einem speziellen Luftaustritt für einen gerichteten Luftstrom. Diese realisiert – und das ist wegweisend neu –
einen starken 2-Wege-Schutz gegen Viren, Bakterien und Keime. Sowohl für die Person, welche die Haube trägt, als auch für die Personen in der Umgebung.
Für die Anwendung in sauberen Räumen kombinieren wir das «VenGard»-Belüftungssystem mit einer Haube aus waschbaren Materialien. Die Luft aus der Haube wird filtriert an die Umgebung abgegeben, wodurch eine Verunreinigung der Umgebung reduziert wird.
Für industrielle Anwendungen wird das «VenGard»-Haubensystem mit einem zertifizierten Schutzhelm kombiniert.
Wie weit ist das Projekt «VenGard» bereits gediehen?
Wir arbeiten aktuell intensiv an den Prototypen, der Regelelektronik und den Belüftungsgebläsen. Das «VenGard»-Haubensystem ist sehr leicht sowie äussert leise und erfüllt damit höchste Komfortanforderungen. Der kompakte Akku ermöglicht Tragezeiten von bis zu vier Stunden. Bereits haben wir erste Kund*innen mit Prototypen in 3D bemustert und auch das Prüfverfahren für die CE-Zulassung hat begonnen. Wenn alles läuft wie projektiert, kommen die
Hauben 2023 – pünktlich zum 30-Jahr-Jubiläum von TB-Safety – auf den Markt.
Mehr Informationen zu den Produkten und Dienstleistungen sowie zur Geschichte der TB-Safety AG finden Sie auf
www.tb-safety.ch – und am Stand des Unternehmens auf der INTERSCHUTZ in Hannover.